Monday 17 December 2012

Chhath Puja

Frauen Frauen Frauen. Alle in leuchtende Saris gekleidet, geschminkt, mit Vorfreude in den Augen. Sie singen, während sie durch die Gasse unter unserem Haus zum Assi Ghat ziehen. Am Ufer des Ganges sind die Lehmschneider am Werk – sie befreien die Stufen des Assi Ghat vom Lehm, den die Ganga im Monsun angeschwemmt hat. Das machen sie mit Wasserdruck – aus vollen Rohren spritzen sie den Schlamm weg, eine langwierige Arbeit. 
 


Die Frauen beginnen mit dem Abstecken kleiner Reviere, so reservieren sie sich einen Platz für die Puja. Die Chhat Puja ist es eine Zeremonie zu Ehren des Sonnengottes, aber auch zu Ehren der Mutter Ganga. Es ist eine Zeremonie, die vorwiegend den Frauen vorbehalten ist. 
Am Montagnachmittag kommen viele Frauen mit dem Boot aus den umliegenden Dörfern, dann gehen sie zu ihrem Tempel, immer singend, und kommen gegen Abend zurück an das Ghat. Sie bringen Opfergaben in Körben, Zuckerrohrstängel und ein Messinggefäss für Gangawasser, Malas und Kerzen. Geduldig sitzen sie in ihren kleine Revieren, bauen Hügel für die Malas und Kerzen, beten und singen. Irgendwann gehen sie zum Ufer, tauchen  unter, weihen die Opfergaben und ziehen sich schnell um, es wird kalt abends. Für die Kinder gibt es dieses Ur-Riesenrad ... 




Es sind Tausende, eher Zehntausende von Frauen, Kindern und Männern, die am Ufer des Ganges kauern, was bei der Steilheit gar nicht so bequem ist. Trunken von den Farben und den schönen Gesichtern knipsen und schauen wir, bis es zu dunkel ist. Kinder sprechen mich immer wieder an, sie möchten ein Foto – das Wichtigste ist, dass sie sich auf dem LCD-Schirm sehen können. Am andern Morgen stehen wir um halb fünf auf und fädeln uns in den konstanten Strom von Menschen ein, die sich wiederum einen Platz um Ufer suchen.  Die Rollenverteilung ist klar: es ist ein Fest für die Frauen, die Männer tragen ihnen die Körbe mit dem Gemüse und den Früchten, die später geweiht werden. Sie tragen auch die Zuckerrohrstangen, die sie in den Schlamm oder Lehm rammen. Geduldig sitzen die Gruppen zusammen, beten oder singen, hüllen sich und die Kinder in Decken, denn es ist ziemlich kalt.  Wir stehen inmitten der vielen Leute und sehen, dass das ganze Ufer hinauf  und hinunter voll Menschen ist – alle Frauen, die irgendwie die Möglichkeit finden, sind jetzt am Ganges. 

Dann, nach etwa zwei Stunden, streckt plötzlich eine Frau den Arm aus und deutet übers Wasser, weitere Arme heben sich und ein tausendfaches „Ah!“ geht durch die Menge: die Sonne wird begrüsst. Feuerrot und majestätisch schiebt sie sich langsam durch den Dunst über dem Ganges. Und nun beginnen die Zeremonien: die Frauen, die zum Teil schon seit einer Stunde im Wasser stehen (brrr), tauchen nun mehrmals unter, die Opfergaben werden in die vier Himmelsichtungen gedreht, Wasser wird in Krüglein geschöpft und in alle Himelsrichtungen vergossen, und schon drängen die andern nach, die nun den Hang hinunterklettern. Alles geht sehr friedlich zu, getragen von einer heiteren Spiritualität. Man spürt den ungebrochenen Glauben, tief empfunden, ohne Zweifel am eigenen Tun. Das ist die berührendste Zeremonie, die wir hier erlebt haben, und das waren nicht wenige!



Die Männer helfen ihren Frauen oder Müttern, über den schlüpfrigen Lehm sicher nach unten zu kommen, sie tragen die Opferkörbe. Ein junger Mann erzählt, dass er hier in Varanansi studiert und für seine Mutter hierher gekommen ist, weil sie die Reise nicht machen konnte. Es gibt einige wenige Männer, die das rituelle Bad nehmen, darunter auch ein Sadhu. Bei ihm geht es schnell, er halt wohl sehr kalt! Nach dem rituellen Bad ziehen sich die Frauen um, und da sie alle Saris tragen, geht das schnell und fast unbemerkt. Fremde merken manchmal gar nicht, dass es ums Kleiderwechseln geht, so schnell und geübt sind sie. 
 






Die Sonne wärmt nun schon ein wenig, nur meine Füsse sind eiskalt. Es ist ein gemeinsames Erwachen aus der Starre, alle sind fröhlich und etwas übermütig, wie nach einer gemeinsam überstandenen Prüfung. Langsam beginnen die Leute ihre Dinge einzupacken. Die Menge – Hunderttausende entlang der Ghats – löst sich langsam auf, ohne Drängeln, ohne Regulierungen.
 



So viele Menschen! Die schiere Masse ist fast nicht zu fassen. Gibt es ein  religiöses jährliches Ritual zum Beispiel bei den Christen, das solche Massen mobilisieren kann? Das so ruhig und friedlich abläuft? 

Auch Werbung gehört dazu - das hier ist für ein Haaröl, nicht etwa für Milch, wie ich zuerst dachte ...
 Es geht die ganze Woche so weiter - Puja um Puja, und die Pandits singen den ganzen
Tag das Ramayana. 



Auch der Sadhu weiss sich sein Einkommen zu sichern - gegen eine milde Gabe steigt das Karma - moderner Ablasshandel. In Delhi gibt es die "Sonntagssadhus", die nur am Sonntag zu den Tempeln gehen und gegen Bares gutes Karma versprechen.
Die Männer steigen morgens um halb sieben in den Ganges - noch ist es "warm" bei ca. 7 Grad, bald wird es kälter. 



 Und an einem Nachmittag eine grosse Aufregung: eine Gemeinde holt ihren Sadhu vom Ganges ab - mit einem Elefanten! Der Sadhu ist mit dem Auto gefahren, sein Schüler aber kletterte geschickt hoch.






Wir haben den Sadhu, der sich "International Beggar" nennt, in dem Quartiertempel besucht. Gerade als wir kamen, ging die Theatervorstellung über das Ramayana zu Ende - das hätte mich interessiert! Was für ein Zelt!
Der Gehilfe des Sadhu hat uns dann - gegen einen kleinen Obolus (Herr Stamm, hätten Sie das auch bezahlt?) - auf der Umrundung der Zeremonienhütte begleitet - mindestens 5 Umrundungen sollte man machen, damit es fürs Karma etwas nützt. Umesh und seine Frau haben 11 bzw 42 Umrundungen gemacht, am besten sind 101. Das grösste Interesse aber hatten die Kinder an Alex' Kamera!

Ist er nicht schön?

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